Die elektrische Straßenbahn von 1910 bis 1936
von Widolf Wichmann, Anfragen zu diesem Artikel sind direkt an den Autor zu stellen.
Veröffentlicht im Januar 2013.
Durch Kaufvertrag von 1902 wurde die seit 1890 bestehende Schleswiger Pferdebahn für 155924 Mark von der Stadt übernommen. Der Betrieb hatte sich bis dahin erheblich vergrößert. 4 Einspänner und 4 Zweispänner, die von 28 Pferden gezogen wurden, bewältigten den Verkehr.
Mit Bauvertrag von 1907 übertrug die Stadt Schleswig der AEG in Berlin den Bau eines Elektrizitätswerkes so wie die Anlage und den Betrieb einer elektrischen Straßenbahn, mit eingleisiger Linienführung ( Länge 4,0931 km) vom Rathausmarkt zum Reichsbahnhof.
Fast 2 Jahrzehnte später als in vielen anderen deutschen Städten begann man im Juli 1909 mit der Verlegung der ersten Gleise für die elektrische Straßenbahn in der Mansteinstraße.
7 Motorwagen von der Nordd. Waggonfabrik Bremen, 5 umgebaute Pferdebahnwagen als Beiwagen, 1 Salzstreu – und 1 Montagewagen waren der Bestand.
Am 22.12.1909 wurde die erste Versuchsfahrt gemacht, danach erfolgte die landespolizeiliche Abnahme der Bahn.
Die Unterbringung der Straßenbahnwagen erfolgte in dem vorhandenen Pferdestall am Rathausmarkt, der entsprechend umgebaut und vergrößert wurde.
Eine Reparaturwerkstatt wurde eingerichtet.
In der Silvesternacht von 1909 auf 1910 rumpelte die letzte Pferdebahn durch die Straßen der Stadt Schleswig. Am 1.1 .1910 nahm die elektrische Straßenbahn den Betrieb auf.
Die Straßenbahnstrecke führte ab Reichsbahnhof über Mansteinstraße – Husumer Baum – Friedrichstraße – Gottorfstraße – Lollfuß – Stadtweg – Lange Str. zum Rathausmarkt (Fahrzeit 22 Minuten) und hatte 4 Ausweichen von 60 Metern Länge,und zwar in der Friedrichstraße, auf dem Gottorferdamm, im Lollfuß und im Stadtweg. Am Gottorferdamm mußte die Straßenbahn die staatliche Schleibahn und in der Lange Straße die Kreisbahn kreuzen.
Eine Straßenbahnfahrt von Reichsbahnhof über die Friedrichstraße…
..weiter über Gottorfstraße an der Regierung vorbei… über Lollfuß, Stadtweg und Kornmarkt…
..und die Lange Straße zum Rathausmarkt.
Die Straßenbahn war an die AEG verpachtet worden und ging erst am 1.1.1925 zusammen mit dem Elektrizitätswerk in eigene Verwaltung der Stadt über.
Die Straßenbahnwagen besaßen an den Plattformtüren Zahlboxen, die Fahrgäste konnten sowohl vorne als auch hinten einsteigen und mussten den Betrag des Fahrgeldes von 10 Pfennigen in die Zahlkästen einwerfen.
Auch auf den Straßenbahnbetrieb blieb der 1. Weltkrieg nicht ohne Folgen. Durch die Kohlenknappheit mussten Einschränkungen ertragen werden. Wegen der Einberufung von Straßenbahnfahrern traten Frauen an ihre Stelle.
Während der Inflationszeit ergaben sich Schwierigkeiten bei der Bezahlung des Fahrgeldes mittels der Zahlkästen. Aus diesem Grunde wurden Ende 1923 die Zahlkästen abgeschafft. Die Erhöhung der Fahrpreise hatte einen starken Verkehrsrückgang zur Folge. Der Betrieb wurde eingeschränkt. Nach besonderem Fahrplan verkehrten schließlich die Wagen nur zu den auf dem Reichsbahnhof einlaufenden Zügen.
Erst im April 1924 trat eine Besserung ein. Der Fahrpreis wurde auf 15 Pfennige festgesetzt und der volle 10 Minutenbetrieb wieder aufgenommen.
Am 30. August 1927 war Probefahrt des ersten Triebwagens mit geschlossenen Plattformen. Die Umbauarbeiten wurden in Schleswig unter Assistenz der Nordd.Waggonfabrik ausgeführt.
1934 wurde der 15 -Pfennigtarif auf 10 Pfennige gesenkt.
Der marode Gleiszustand, Mängel an den Wagen, fehlende Finanzen für die Instandsetzung und der zunehmende Autoverkehr führten letztlich zu Überlegungen, den Straßenbahnbetrieb durch Omnibusse zu ersetzen. Hinzu kamen zurückgehende Beförderungszahlen. Am 12.7.1935 wurde der entsprechende Beschluss gefasst.
Am 26.5.1936 fuhr die letzte Straßenbahn in Schleswig.
Quellenhinweis:
Es wurde der Beitrag von Hans Vehlber, Bremen aus „Der Stadtverkehr“, Heft 9 /1975 leicht gekürzt übernommen.
Dieser wurde ergänzt durch Angaben im Beitrag von Kirsten Franzen, Breiholz in „100 Jahre Verkehrsbetriebe des Kreises Schleswig-Flensburg“, 2001.
Bei Kirsten Franzen finden sich auch weitere vertiefende Aussagen zum Thema.
Die Abbildungen entstammen diesen Beiträgen, der „Alten Schleihalle“ und aus dem „Virtuellen Klassenzimmer“ von Gerd Tams, Kiel.
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