Vorgeschichte
Das Gelände nördlich der Königstraße war bis Anfang der 1950er Jahre größtenteils unbebaut. Hier lag der große Viehmarktplatz, westlich davon standen alte Holzbaracken. Im Osten folgte Brachland und die Firjahn´sche Lederfabrik. Daran grenzte das Holzlager von Walbohm & Söhne, nebenan hatte der Schrotthandel Giebecke seine Betriebsstätte.

Das Gelände an der Königstraße im April 1945.

Auf dem heutigen ZOB-Gelände standen, zumindest nach dem zweiten Weltkrieg, weitere Baracken, die zuletzt als Notunterkunft genutzt wurden. Diese bildeten möglicherweise, zusammen mit den benachbarten Baracken Königstraße 4 und 4a, das sogenannte D.P.-Lager. Hier brachten die Alliierten nach dem Krieg „Displaced Persons“ unter. Das waren Personen ohne festen oder bekannten Wohnsitz. 1946 beschwert sich einer der Bewohner des „Behelfsheimes“ Königstraße 6 über Sturmschäden am Teerpappen-Dach und fordert die Stadt zur Reparatur auf.

Die beiden ersten großen Neubauten auf dem Ödland an der Königstraße waren Anfang der 50er Jahre der Posthof sowie die Kreisschlauchwäscherei mit ihrem 19 Meter hohen Turm. Zum Richtfest der Kreisschlauchwäscherei im Oktober 1954 lud Landrat Hagge die Gäste zu einem Festschmaus in die Gaststätte des Kreisbahnhofs. Zeitgleich begannen auch die Erdarbeiten für den Neubau von Walter Krieg zwischen dem Hansen Stift und der Kreisschlauchwäscherei. Der Polster- und Sattlermeister hatte seine Werkstatt bis dahin in einer alten D. P.-Baracke in der Königsstraße 4a.
Durch diese großen öffentlichen Baumaßnahmen profitierte die Bauwirtschaft der ganzen Stadt, der Kreis war in jener Zeit der größte Bauherr im Stadtgebiet. Übrigens war der Landkreis Schleswig der erste im Land, der sich seit 1938 aktiv um die Schlauchpflege kümmerte. Kreisschlauchwäscherei und der Posthof mussten im Jahr 2000 dem Neubau des Schleicenters weichen.

Der ZOB bestand zum Zeitpunkt der Fertigstellung aus dem eigentlichen Busbahnhof mit den drei Bahnsteigen sowie dem Betriebs- und Verwaltungsgebäude. Der westliche, längliche Anbau mit den Ausststellungsräumen entstand erst ein Jahr später im zweiten Bauabschnitt.

Der alte ZOB an der Königstraße.

Bis zur Einweihung der Neubaus hielten die Busse an einem Vorgänger des heutigen ZOB´s. Dieser bestand aus einem Pavillon, unter dessen Dach sich ein Büro der „Kraftpost“ sowie der Kiosk von Hans Kohlmorgen befanden. Die Busspur verliefen parallel zur Königstraße etwas weiter westlich des heutigen ZOB´s.

Dieser kleine ZOB stellte lediglich eine Übergangslösung bis zum Bau des großen Busbahnhofes dar. Geplant wurde der ZOB schon seit mehreren Jahren, bereits 1948 hatte sich Bürgervorsteher Dr. Wehn für einen ZOB-Neubau stark gemacht.

Seit 1949 forderte auch die Post einen Zentralen Omnibusbahnhof, als Stützpunkt für die damaligen Postbusse, die, neben Bussen privater Unternehmen, den Fernverkehr bedienten.



Der ZOB-Pavillon der Kraftpost.

Baubeginn
Nachdem der Kreis Schleswig-Flensburg das Eckgrundstück Königstraße/Plessenstraße erwarb, begannen die Bauarbeiten auf dem Brachland. Die alten Baracken waren längst abgebrochen, als Anfang September 1954 bei regnerischem Herbstwetter die Arbeiten für den Keller des zukünftigen Betriebsgebäuden begannen. Der Bodenaushub wurde nicht abgefahren, sondern zum Aufschütten des Busbahnhofsgeländes verwendet. Damit das Grundwasser nicht in den Keller eindringt, befindet sich das Kellergeschoss in einer Art wasserdichten Wanne. Die schwierige Grundwassersituation sorgte für eine Verzögerung von sechs Wochen, im Bereich des Keller musste der Grundwasserspiegel gesenkt werden.

Der Baugrund war schwierig. Die Bodenuntersuchungen ergaben , dass sich bis in einer Tiefe von vier Metern aufgefüllter und moorhaltiger Boden befindet. Aus diesem Grund wurde eine Stahlbetonbohrpfahlgründung für das Betriebsgebäude notwendig. Auf den Stahlbetonpfählen verbanden Stahlbetonringe die einzelnen Pfähle miteinander, auf diesem Ring steht das Mauerwerk.

Der Baubeginn im Herbst 1954.

Der erste Bauabschnitt sah die Errichtung des Busbahnhofes mit seinen drei Bahnsteigen und des Betriebsgebäudes ohne den Westflügel vor. Das dreigeschossige, teilweise unterkellerte Gebäude erhielt eine vielfältige Nutzung. Im Erdgeschoss waren die Abfertigungsräume der Kreisverkehrsbetriebe und der Bundespost. Eine große Wartehalle mit einem Windfang in der Mitte des Erdgeschosses stand den Wartenden bei schlechtem Wetter zur Verfügung. Daneben eröffnete eine Gaststätte mit zunächst zwei Räumen und einer Wirtschaftsküche.
Das erste Obergeschoss war mit 14 Büroräumen mit Nebenräumen ein reiner Bürotrakt. Zusammen mit den beiden Wohnungen und acht weiteren Büro- und Geschäftsräumen ergaben sich für die Kreisverkehrsbetriebe profitable jährliche Mieteinnahmen. Die Räume wurden an eine Arztpraxis, eine Zahnarztpraxis und eine Krankenkasse vermietet. In den Wohnungen zogen Mitarbeiter der Kreisverkehrsbetriebe ein.

Die Eröffnung
Der schwierige, quellenhaltige Untergrund verzögerte die Bauarbeiten, ebenso wie der harte Winter 1954/55. Nach fast einjähriger Bauzeit erfolgte im August 1955 die feierliche Eröffnung des Betriebsgebäudes. Der ZOB galt nicht nur als neuer Verkehrsknotenpunkt, sondern als Beitrag zu einem modernen Stadtbild.
Während es zu Baubeginn im Herbst 1954 stürmte und regnete, zeigte sich das Wetter am letzten Augusttag 1955 von seiner sonnigsten Seite. Um Punkt 17 Uhr begrüßte Landrat Hagge die geladenen Gäste an dem neuen Verwaltungs- und Betriebsgebäude in der Königstraße. Die Gästeliste war lang: Abteilungspräsident Dr. Menny (Oberpostdirektion Kiel), Kreispräsident Thee, stellv. Landrat Johs. Andresen, Bürgervorsteher Dr. Wehn, Bürgermeister Dr. Kugler, die Mitglieder des Kreis- und Werkausschusses, Kaufmann Heinrich Thomsen als Repräsentant der freien Wirtschaft, Kreissparkassenpräsident Miethke, Kreisrechtsrat Dr. Hase, Stadtbaumeister Reckmann, Oberpostinspektor Lüthje und die Baumeister des Betriebs- und Verwaltungsgebäudes des Bahnhofs, Hans Marth und Walter Weiß.

Anzeige zur Eröffnung in den SN am 31. August 1955.

In einer kurzen Zeremonie übergab Landrat Hagge den Schlüssel zum Hause an den Betriebsleiter Lutzhöft. Obwohl Bürgervorsteher Dr. Wehn sich schon ab 1948 für einen ZOB bemühte, galt Landrat Hagge als Hauptinitiator für den Neubau.
Ab dem 1. September 1955 fuhren die 14 Busse der Kreisverkehrsbetriebe gut 40 mal vom ZOB ab. Hauptnutzer war jedoch die Bundespost, die werkstags 78 Abfahrten und sonntags 50 Abfahrten verzeichnete. Weiterhin hielten hier die blauen Busse der Stadt sowie private Buslinien. Die Schleswiger Nachrichten bezeichneten den ZOB-Neubau als ein

„repräsentatives Bauwerk, das der Stolz des Kreises und ein Schmuck der Kreisstadt ist.“

Die Zahlen:
Das Gesamtgelände ist 2575 m² groß, davon sind 365 m² bebaut. Das Verwaltungsgebäude enthält 3950 m³ umbauten Raum bei einer Nutzfläche von 930 m². Baukosten pro cbm umbauter Raum: 56,- DM.

Der 2. Bauabschnitt
inen Monat später, im Oktober 1955 begannen die Arbeiten an dem länglichen Nebengebäude. Die ursprünglichen Planungen sahen im Bereich des Westgiebels ein zweites Obergeschoss mit Wohnungen vor. Vermutlich hat sich der Kreis aus Kostengründen für die eingeschossige Bauweise entschieden, da zeitgleich die Neubauten von Kreisschlauchwäscherei und Kreisberufsschule ein großes Loch in den Kreishaushalt rissen.

Der Westflügel ist vier Meter Breit, 57 Meter lang und bietet neben den sieben Ausstellungsräumen und zwei Verkaufsstände und einen Geräte- und Abstellraum. Im Oktober 1956 erfolgte die Fertigstellung.
Die Kreisverkehrsbetriebe vermieteten die Ausstellungsräume an verschiedene Interessenten, darunter Banken und Versicherungen. Auch die Kieler Nachrichten hatten hier zeitweise ein kleines Büro angemietet. Markant ist sein rundes Türmchen, mit dem der Anbau nach Westen hin abschließt. Dazu kommentierte das Bauamt:

„Das Bauamt empfiehlt, dem Bauvorhaben in dieser Form zuzustimmen, da städtebaulich eine wesentliche Verbesserung erfolgt ist.“

Im Laufe der Jahrzehnte erfolgten viele Umbauten, gerade im Bereich der Gaststätte im Erdgeschoss. Die Wartehalle viel 1971 weg, sie wurde zur Vergrößerung der Gaststätte benötigt. Eine umfangreichere Baumaßnahme war die Neupflasterung und das Aufstellen der acht Wartehäuschen im Jahr 1988. Zwei Jahre darauf erhielt der westliche Flügel im Rahmen von Sanierungsarbeiten ein Satteldach.

3. Der Stadtbusverkehr 1954
Die Stadt Schleswig verfügte 1954 über sieben blaue Stadtbusse, von denen fünf im ständigen Einsatz waren. Ein Bus wurde für Sonderfahrten vorgehalten und ein Bus befand sich in der Grundüberholung. Auf den Hauptstrecken fuhren die Busse im 10 Minuten Takt ab, alleine von der Haltestelle in der Poststraße konnten die Gäste werktags 101 mal in Richtung Friedrichsberg und Bundesbahnhof fahren. Die 30 Busfahrer der Stadt sorgten für einen reibungslosen Betrieb auch bei Krankheit und Urlaub. In der Werkstatt kümmerten sich sechs Mitarbeiter um Reparaturen und Instandhaltungen. Die Reinigung der Busse und notwendige Sicherheitsüberprüfungen erfolgten nachts.

Die mit 9 Kilometern längste Strecke führte vom Bundesbahnhof über Hühnerhäuser und Rathausmarkt zurück zum Bundesbahnhof.
Im ersten Halbjahr 1954 beförderten die Stadtbusse knapp 1,1 Millionen Fahrgäste, davon entfielen auf Dauerkarten- und Lochkarten (für 2 und 4 Fahrten)-Besitzer 364 000 Fahrgäste. Die Stadt verzeichnete einen Trend zur beliebten 5er-Karte, bei der eine Fahrt gespart wurde.