Ursprünglich errichtete der Grützmüller Conrad Clausen (1802-1868) im Gewese Stadtweg 14, das etwa um 1640 errichtet wurde, eine Grützmühle für Buchweizengrütze und eine Senfmühle.
Er starb 1868 und mit “seiner Leiche” wurde der neue Domfriedhof eingeweiht.
Conrad Clausen hatte zwei Söhne – den Grützmüller Wilhelm (1845-1898) und Johann. Wilhelm vergrößerte die Grützmühle 1890 mit Dampfmaschine und später Gasmotoren. Ebenso kaufte Wilhelm noch die Stadtmühle in der Schlachterstraße, die er jedoch nach einigen Jahren wieder veräußerte. Das alte Gebäude Stadtweg 14 wurde 1892 abgerissen und durch das heute noch existierende Haus ersetzt.
Nach Wilhelms Tod 1898 übernahm einer seiner drei Söhne, der Grützmüller Conrad Clausen (1877-1930) die Firma. Er erwarb zusätzlich die Hafenmühle und war wirtschaftlich so erfolgreich, das er seine Geschäfte expandieren konnte.
Bei einem Unglücksfall im Jahr 1930 kam Conrad ums Leben – sein Segelboot “Freya” kenterte und er ertrank in der Schlei.

Die Firma Wilhelm Clausen, Inhaber Conrad Clausen, baut 1914 in den im Jahr 1885 errichteten Holz-Lagerschuppen eine Grütz- und Mehlmühle, damals kurz Hafenmühle genannt, ein.
Das Grundstück hatte ursprünglich die Adresse IV.Quartier Nr.77, seit 1888 Philosophengang 1 und wurde später zur Plessenstraße 1.
Im gleichen Jahr (1914) wird auch noch ein Schiffselevator zum Löschen von Getreide aus Schiffen errichtet. Die Firma Clausen läßt eine Transportanlage vom Schiffselevator zu den Lagerschuppen der Mühle errichten. Die Arbeiten werden von einer Spezialfirma aus Sachsen ausgeführt.

Hafenmühle Plessenstraße 1
Das Grundstück 1914. Rot eingezeichnet der Schiffselevator
und das Transportband.
Hafenmühle Plessenstraße 1
Der Schiffselevator der Firma Behrmann und Rieber, vormals Chr. Sieck, 1914.
Über eine ähnliche Anlage verfügte auch die Hafenmühle.

Im Jahr 1917 bekommt der Mühlenbesitzer Conrad Clausen die Genehmigung, eine provisorische Getreide-Trockenanlage zu errichten. Die Hafenmühle hat ein größeres Kontingent Getreide für die Heeresverpflegung und Volksernährung zu verarbeiten. Die bisher von der Hafenmühle genutzte Trockenanlage der Brauerei Behn kann nicht dafür verwendet werden, da Behn vertraglich verpflichtet ist, die neue Ernte der Stadt zu verarbeiten.
Da die Hafenmühle über einen Bahnanschluß verfügt, wird ein Gespann, das bisher zwischen der Behn´schen Brauerei und der Hafenmühle verkehrte, wegfallen. Desweiteren wird eine Lokomobile in einen eigens dafür gebauten Schuppen aufgestellt.
1925 wird auf dem Grundstück der Hafenmühle ein Tankanlage errichtet.

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Das Grundstück 1925. Deutlich erkennbar der Elevator sowie Bahnanschluß
und Tankanlage.

Die Schleswig-Holsteinische Benzol-Vertriebsgesellschaft errichtet 1930 eine Großtankanlage auf dem Grundstück der Firma Behrmann und Rieber. Es werden drei Lagertanks a 30000 Liter und ein Lagertank a 10000 Liter eingebaut.
Diese Anlage wird im Januar 1935 von der “Nitag” Naphta Industrie-und Tankanlagen AG Hamburg übernommen. Im Dezember 1935 werden zwei 30000 Liter Tanks ausgebaut.

Da die Eierverwertungsgesellschaft e.G.m.b.H. im März 1935 gezwungenermaßen ihre Raumlichkeiten Freiheit 2 (heute Block 43, ehem. Fischfabrik Wilhelmsen) aufgeben mußte, richtet sie sich Lager-und Büroräume in der Hafenmühle ein. In dem alten Fabrikhof auf der Freiheit wird im gleichen Jahr die Seefliegerersatzabteilung 16 stationiert.

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Eierverwertungsgesellschaft Schleswig.

Die Nitag tauscht 1939 den vorhandenen “ausländischen Dieselkraftstoff” gegen den “Sonderdieselkraftstoff 2” aus. Dieser Sonderdieselkraftstoff ist ein Gemisch aus Diesel und Leichtkraftstoff.

Zwei Jahre später möchte die Nitag einen Splitterschutzbunker auf deren Tanklagerareal bauen. Aus Gründen des Arbeitseinsatzes wird dieser Bau jedoch von der Ortspolizeibehörde abgelehnt. Um ihren Mitarbeiter dennoch bei Luftangriffen Schutz bieten zu können, wird von der Nitag ein zusammenschraubbarer Unterstand errichtet. Im Jahr 1942 verkauft die Nitag diesen Schutzstand an die Lederfabrik Knecht & Wördemann im Holmernoorweg.

Im Januar 1944 werden leestehende Büroräume der Nitag von der Stadt beschlagnahmt. Die Räume sollen zur Unterbringung von “bombengeschädigten Hamburger Volksgenossen” zur Notwohnung umgebaut werden. Diese Notwohnung hat eine Größe von 32 qm und ist mit einem Herd ausgestatt. Als Toilette dient ein “hölzerner Stallanbau mit Abort”, die Abwässer werden in einen Graben hinter dem Grundstück geleitet.

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Die Hafenmühle in den 1950er Jahren.
In der Mitte des Grundstückes die Nitag-Tankanlage.
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Die Hafenmühle in den 1950er Jahren.
Im Vordergrund die Schuppen der Firma Behrmann und Rieber.
Im Hintergrund Anlagen der Gärtnerei Bleifuß.

Die Nitag, Deutsche Treibstoffe AG, erhält 1950 die Genehmigung, auf dem angemieteten Grundstück zwischen Hafenmühle und Plessenstraße ein Büro-und Lagergebäude sowie eine Abfüllhalle zu errichten. Die Nitag wird dieses Grundstück, auf dem das Anschlußgleis endet, als Öllager nutzen. 1952 wird zusätzlich noch ein Treibgasflaschenlager gebaut.

1954 ist die Kreisgenossenschaft e.G.m.b.H. Schleswig Eigentümer der Hafenmühle. Ein alter Lagerschuppen wird abgebrochen und durch einen Büro-Neubau ersetzt (in diesem Bürogebäude befand sich in der 1980er Jahren die Hafenmeisterei).

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Kreisgenossenschaft Schleswig.

Ein weiterer unterirdischer 20000 Liter Tank zu Lagern von Heizöl wird 1955 zwischen dem Wohnhaus und dem Anschlußgleis gebaut. 1982 wird dieser Tank entleert, gereinigt und mit Sand verfüllt. Die Kreisgenossenschaft installiert eine elektrische Getreide-Trocknungsanlage in der Hafenmühle.

Das Lagerhaus neben dem alten Mühlengebäude wird von der Kreisgenossenschaft 1958 als Getreide-Lager verwendet. Um es weiterhin als solches nutzten zu können, wird die Lagerhalle mit Eternit (Granulit) verkleidet. Zu diesem Zeitpunkt ist das Grundstück wie folgt bebaut : das alte Mühlengebäude, eine Lagerhalle, ein Wohnhaus, eine “Gasolin”-Tankstelle, einem Bürogebäude sowie einem weiteren Schuppen.
Auf dem mittlerweile stillgelegten Öllager der Nitag baut die Kreisgenossenschaft 1959 ein Lagerschupppen. Dieser Schuppen wird direkt neben dem Anschlußgleis errichtet.

1968 wird J.F. Jessen erstmalig als Bauherr genannt. Offensichtlich hat er einen Teil der Lagerschuppen von der Kreisgenossenschaft erworben. Die Firma Jessen (Fliesen-Jessen) handelt mit Baustoffen, Fliesen, Grobkeramik, Hoegl-Betonsteinplatten und Holz.
Im Zuge eines Grundtsücktausches mit der Stadt Schleswig erhält diese einen Teil eines Lagerschuppens von der Firma J.F. Jessen für die Einlagerung von Seezeichen. Außerdem erhält der Bootsverleiher und Hafenmeister Jürgensen eine Halle um seine Boote unterzubringen. J.F. Jessen darf im Gegenzug eine ehem. städt. Lagerhalle am Landungsplatz nutzen, die einst von der Firma Dierks errichtet wurde.

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Baustoffhandel Jessen.

1972 möchte die Firma Jessen auf Grundstück hinter seiner Halle (damals Plessenstr.2, heute Schmid-Villa Plessenstr.1b) eine weitere Lagerhalle errichten. Zu diesem Zeitpunkt gehört das Nachbargrundstück zur Gärtnerei Bleifuß. Dieses Bauvorhaben wird aber vom Bauamt abgelehnt, weil das Bleifuß-Grundstück künftig als Parkanlage genutzt werden soll.
Firma Joh. Jessen baut 1977 einen Teil des alten Mühlengebäudes zu Wohnungen um.

Im Jahr 1981 werden ein Teil der bestehenden Gebäude und Hallen abgebrochen. Darunter sind ein Wohngebäude, eine Lagerhalle sowie das von der Kreisgenossenschaft 1959 errichte Lagergebäude auf dem ehemaligen Nitag-Tanklager.

1982 Die Technische Universität Berlin mietet eine Wohnung in der alten Hafenmühle von der Stadt Schleswig, die mittlerweile Eigentümer des Gebäudes ist. Die TU installiert in der Wohnung ein Labor für wissenschaftliche Experimente. Außerdem befand sich die Hafenmeisterei in diesem Haus.

Der Abriß aller Gebäude auf dem Grundstück Plessenstraße 1 erfolgte 1996. Von der ehemaligen Hafenmühle blieb nur noch die Kaimauer übrig.

 

 

Galerie Hafenmühle